Hartmann Art
Interest in Life 01

HARTMANN ist heute ein globales Unternehmen. Überall auf der Welt gibt es Niederlassungen, die Hälfte unserer Mitarbeiter arbeiten im Ausland, die Hälfte unseres Geschäftes machen wir außerhalb Deutschlands... Das bringt Herausforderungen an die Unternehmenskultur mit sich: Werte müssen gezeigt und gelebt werden. Die Mitarbeiter sollen miteinander ins Gespräch kommen. Hier kann die Kunst einen Beitrag leisten. Voraussetzung ist ihre thematische Nähe zum Unternehmen, eine passende Auswahl also und eine gute Vermittlung. Aus diesem Grund ist HARTMANN Art nicht nur eine Ausstellungsreihe, sondern konzipiert als integrales Element der HARTMANN-Kultur. Über eine Zyklus von Ausstellungen sollen Künstler eingeladen werden, sich mit HARTMANN zu beschäftigen. So werden in Zukunft auch Auftragsarbeiten entstehen, die sich mit dem Unternehmen auseinander setzen. Wichtig dabei ist, dass diese Arbeiten reisen und Heidenheim auch auf diese Weise mit den Tochtergesellschaften in anderen Ländern verbunden ist.

Friedrich Pohl, Vorstand der Paul Hartmann AG
Auszüge aus der Ausstellungsdokumentation

Es vorweg zu nehmen: Nach der Idee von HARTMANNART sind die Kunstwerke nicht bloße Dekoration, nicht nur Schmuck an der Wand. Vielmehr soll die Kunst eine thematische Nähe zum Unternehmen haben – freilich ohne sie gewaltsam zu vereinnahmen oder sie in ihrer Autonomie zu beschränken. Kriterium der Auswahl also ist die Frage: Wo gibt es eine Geistesverwandtschaft zwischen Kunstwerken und der Weise, wie in diesem Unternehmen gedacht und gehandelt wird?

Themen, die HARTMANN beschäftigen, sind auch Themen der Kunst. Über existentielle Fragen des Lebens wird hier und dort nachgedacht: über Leib und Seele, Gesundheit, Schönheit und Alter, Intimität und Körper, Schutz und Heilung, über Verantwortung, ethisches Handeln, den Dienst am Menschen, die Entwicklung unserer Erde, über Natur, Forschung und Wissenschaft. Aber Künstler erfinden ganz andere Antworten! Und deshalb sucht HARTMANN den Dialog: die ästhetischen Bildern des Lebens zu genießen und aus ihnen zu lernen. Wo hat die Kunst ihren Platz? Wir denken sie gemeinhin als Teil des kulturellen Überbaus, der sich über die Arbeits- und Geschäftswelt und unseren persönlichen Alltag erhebt. Da ist Kunst dann gleich Luxus, ästhetische und intellektuelle Erbauung. Kunst also als Nische und elitäres Statussymbol. Vielleicht würdigen wir sie noch als Medium von Sinnstiftung, die die profane Welt mit Bedeutung versieht, sie geistig überhöht und unsere Defizite, unsere Mangelerfahrung an Schönheit etwa, kompensiert.

Das Verständnis von Kunst bei HARTMANN ist ein anderes. Kunst ist nicht verbannt in den Feierabend oder reserviert für die Kunstsinnigen und Kunsterfahrenen oder Privileg des Managements. Hier bei HARTMANN wird Kunst Teil des Alltags. Die Mitarbeiter partizipieren an dem, was Künstler heute erdenken und erschaffen – unabhängig von ihrer Herkunft, von Gewohnheiten oder gar kunsthistorischem Fachwissen. Hier bei HARTMANN gibt es also spontane, voraussetzungslose Begegnungen mit Kunstwerken – und die Möglichkeit, sich näher mit ihnen zu befassen durch Vorträge, Gespräche mit Künstlern, Dokumentationen. Das hat sich zu Anfang schon erfüllt: Was hier von den Mitarbeitern des Hauses beim Aufbau der Ausstellung geleistet wurde, das kann sich ein Museum an Einsatz, Einfallsreichtum, Begeisterung und technischem Können nur wünschen. Das ist der Sinn und Nutzen von HARTMANNART – Leben mit der Kunst im Alltag der Arbeit, wo sie Augenweide sein kann, Neugierde erweckt und zum Gespräch anstiftet. Voraussetzung ist die hohe Qualität der ausgewählten Arbeiten. Und: sie eröffnen sich dem Verstehen, sie sind sinnlich, sie erzählen uns etwas. So kann Kunst Ausdruck der Kultur im Unternehmen werden und darüber hinaus diese Kultur sogar mitgestalten – auch international als Vehikel der Kommunikation in den Tochtergesellschaften der weltweiten HARTMANNRegionen.

Dr. Petra Giloy-Hirtz, curators, München
Auszüge aus der Rede zur Eröffnung der Ausstellung am 18. September 2003 in Heidenheim

Roland Fischer

Individualität und Gemeinschaft

Der Mensch steht im Zentrum des künstlerischen Interesses von Roland Fischer. Das Gesicht, das menschliche Antlitz, zeigen seine großformatigen Photographien. "Jede Person, jedes Gesicht ist kostbarer als das ganze Universum", sagt Meister Ekkehard. Das Gesicht spiegelt Kosmos, Natur und Leben in den unendlichen Varianten individueller Formen. Und es ist Spiegel der Seele. Es offenbart, wie sich der Mensch in seiner Haut fühlt. Alter, Schönheit, Geschlecht, all die inneren Erfahrungen sind ihm eingeschrieben. Und so vermag der Betrachter in der Wahrnehmung des Anderen sich selbst zu erkennen. Die Gesichter der Serie "Los Angeles Portraits" von Roland Fischer blicken uns offen an und doch haben sie etwas geheimnisvoll Entrücktes, etwas Stilles, Unerreichbares. Sie sind lebendig und doch auch wie Kunstwerke. Unter dem immer blauen Himmel Kaliforniens inszeniert, reglos im Pool stehend, den Wasserspiegel bis zum Schlüsselbein, frontal den gepflegten Kopf zur Kamera gewendet, entsteht der Eindruck einer Büste: zwischen Körperkult und Würde von Unsterblichkeit und ewiger Schönheit. Das Gesicht ist eingebunden in die monochrome Fläche des Wassers. Und so entstehen Spannungsverhältnis und Dialog zwischen dem Lebendigen und dem Abstrakten, zwischen Individualität und Reduktion, zwischen Freiheit und Form.

Die Kollektivportraits des Künstlers zeigen den Einzelnen und die Gemeinschaft. Tausende von Gesichtern! Die unendlichen Differenzierungen werden sichtbar und bewußt ebenso wie das Verbindende, das entsteht durch gemeinsame Arbeit und Kompetenz.

Gloria Friedmann

Lernen von der Natur

Von der Fülle, dem Reichtum der Erde erzählt Gloria Friedmann und von der Gefahr ihrer Zerstörung. Ihre Bilder und Installationen sind von großer Schönheit und bergen zugleich die Sorge um unsere Umwelt und den Appell zu ihrem Schutz. Immer ist in ihnen die Aufforderung zum Nachdenken enthalten, ja, die Aufforderung zum Engagement. Gloria Friedmann glaubt an die Möglichkeit, Natur und Kultur wieder in Einklang bringen zu können. Darin sieht sie die Aufgabe der Kunst: den Betrachter auf die Reise zu schicken, ihm die Augen zu öffnen. So ist Kunst für sie "ein Vehikel, mit dem man jemanden in eine andere Welt schickt".

Die Kunst will sie ins Gespräch mit der Wissenschaft bringen. In diesem interdiziplinären Austausch, diesem "Wissenstransfer" sieht sie die Chance des klugen Gestaltens der Welt.

Die Materialien für ihre Arbeiten entnimmt Gloria Friedmann der Natur. Aus Früchten, Öl und Wein, aus Steinen, Holz und präparierten Tieren schafft sie eindrückliche Werke voll emotionaler Kraft. Im Foyer von HARTMANN begegnet der Besucher einer großen Hinterglasmalerei in leuchtenden Farben. Ein tropischer Vogel in all seiner Pracht sitzt auf ihrer Oberfläche. Er trägt die Farben des Bildes – oder ist es nicht umgekehrt? Das Bild ist nach den Farben des Vogels gemalt! Der Vogel ist auf natürliche Weise "eine Welt fliegender Farben". Wie er die menschliche Stimme nachahmt, nimmt die Künstlerin die Farben des Gefieders für ihr Bild: eine vielfarbige Hommage an das Tier. So lernt der Mensch die Natur zu schauen, zu beobachten, zu würdigen und zu bewahren.

Markus Heinsdorff

Schöpfung: Vom Kreislauf des Lebens

In der lichten Architektur des neuen Verwaltungsgebäudes von HARTMANN schwebt hoch über dem Foyer die "Sphäre": ein Sinnbild elementaren Lebens. Wasserströme steigen aus einem Becken auf in die transparenten Schläuche, kreisen beschleunigt um die Kugel und fallen zurück zur Erde. Im Alltag der Arbeitswelt ein Schauspiel für Augen und Ohren – mit dem beruhigenden Klang eines Springbrunnens oder eines kleinen Wasserfalls.

Markus Heinsdorffs Arbeiten nehmen Bezug auf den Ort, seine Architektur, seine Geschichte und auf die Menschen, die ihn "bewohnen". Oft arbeitet er mit Licht und Klang und mit den dynamischen Urelementen Luft und Wasser. So schöpft er aus tradiertem Wissen und den Vorstellungen früherer Epochen und schafft daraus neue, zeitgemäße "Bilder", die auf unsere Gegenwart reagieren und den Blick auf Zukünftiges werfen.

Seine "Sphäre" eröffnet eine Fülle von Assoziationen. Sie zeigt sich als ein eigener Kosmos, der – immer in Bewegung, in Rhythmus und Prozeß – den Kreislauf des Lebens verkörpert. Die Urform der Kugel, das Runde, ist Schutz und Hülle, Membran, und umgreift alles. Wasser gilt als Medium von Reinigung und Heilung. Die gesamte Anordnung erinnert an eine Laborsituation, an den Kontext von Wissenschaft und Forschung. Und nicht zuletzt verbinden wir mit der Kugel den Erdball, das alles umspannende Netz, die Kommunikationsströme, die globalen Verbindungen. Der "Globus" birgt hoffnungsvoll die Vorstellung und Vision von Einheit und Gemeinsamkeit.

Photos: Christoph Knoch